Summerjam Festival (6.-8. Juli 2012, Köln, Fühlinger See)
Am ersten Juliwochenende steht das Gelände um den Fühlinger See im Kölner Norden ganz im Zeichen von „Unity“. „Together As One“ ist das Motto der 27. Ausgabe des größten Reggae-Festivals in Europa. Aktivisten zahlreicher Genres und jeder Generation rund um den Globus: Alle passen unter die Überschrift Summerjam. Von Dancehall bis Ska, von Halbstarken bis Rentnern, von Schweden bis Bermuda.
Vorzeichen
Die Erwartungen waren wie immer riesig an die Organisatoren, ein frisches, hochklassiges Line Up voller Überraschungen hinzubekommen. Folgt man den Beiträgen im Summerjam-Forum Jam Board, dann scheint die Crowd diesmal sehr zufrieden zu sein. Da reiht sich ein „Big Up“ an das nächste! Was nicht selbstverständlich ist. Im letzten Jahr zum Beispiel kamen nach der Buchung (und dem Auftritt) von Culcha Candela auch Buhrufe auf. Na gut. Die Summerjam-Crew hat gelernt, mit so was umzugehen. Wie sollte man es auch immer allen recht machen.
Headliner
Rollen wir das Feld von hinten auf, mit den Headlinern für 2012. Tag eins wird von Sean Paul beschlossen, dem mit seinem neuen Album „Tomahak Technique“ zum wiederholten Mal der Spagat zwischen jamaikanischem Dancehall und globalem Radiosound gelungen ist. An einem ganz anderen Punkt steht Burning Spear. Mittlerweile 64 Jahre alt, gilt er als großer Bewahrer des Roots Reggae mit klaren spirituellen Botschaften, ein Fels in der Brandung. Zwischen diesen beiden Polen ist Stephen Marley zu Hause, der Top-Act des Abschlussabends. Der vielleicht talentierteste Sohn Bobs schafft in seinen Produktionen unter anderem für Bruder Damian schon mal den Schulterschluss zwischen Reggae und HipHop, mit den eigenen Platten wie “Revelation Part 1: the Root of Life” pflanzt er dagegen Roots Reggae fürs 21. Jahrhundert.
Aufreger
Ganz heiß diskutiert wird auch der erst spät angekündigte Special Guest Beenie Man. Der „King Of Dancehall“ hat in den letzten Jahren verstärkt Gegenwind wegen schwulenfeindlicher Texte bekommen. Und so betonen die Veranstalter, dass sich Beenie Man erstens von den fraglichen Texten distanziert habe, und dass er zweitens erklärt, nur noch positive Botschaften zu verbreiten.
Auf den Plätzen
Während die Top-Acts des Festivals aus dem Reggae-Heimatland Jamaika kommen, merkt man beim restlichen Line Up, wie sehr Reggae längst weltweit Blüten getragen hat. Zum Beispiel in Sizilien, Heimat des mittlerweile nach Kingston umgesiedelten Alborosie, oder in den USA, wo Groundation Roots, Dub und Jazz zusammenbringen. Andere Akteure aus der Reggae-Diaspora sind Danakil Frankreich und der Dancehall-Posterboy Collie Buddz.
Im UK wurde schon in den 70er Jahren damit begonnen, eigene Reggae-Tunes zu produzieren. Großen Wirbel macht dort gerade Hollie Cook, die Tochter des Sex Pistoles-Drummers Paul Cook durch ihre Zusammenarbeit mit dem umtriebigen Produzenten Prince Fatty für Mr. Bongo Records, unter anderem auch dem selbst betitelten Debutalbum. Auch auf Hollie kann sich die Festival Massive freuen.
Einen Schwerpunkt bildet verständlicherweise wieder die deutsche Szene mit Acts wie Sebastian Sturm, Berlin Boom Orchestra, Max Herre & Freunde, Flo Mega, Raggabund, Jahcoustix, Nneka, Irie Révoltés. Und das nicht nur wegen der kurzen Anfahrtswege, sondern weil sie einfach seit Jahren brummt.
Reggae Plus
Der Erfolg des Summerjam gründet sich seit Jahren darauf, dass es viel mehr ist als ein Reggae-Festival. So richtig rund wird das Ganze erst mit den Botschaftern befreundeter Tribes. Sei es HipHop, z.B. mit Prince Pi oder afrikanische Musik wie bei Amadou & Mariam. Und es soll auch Leute geben, die sich den ganzen Kram auf den Bühnen sparen und sich drei Tage lang in der Chill Out Area am Seeufer, im Basar und im Dancehall-Zelt bei den Sound-Systems Pow Pow, Sentinel und Kingstone bestens amüsieren.
Drumherum
Das gesamte Programm ist nicht nur an unzähligen Plakatwänden und Litfass-Säulen zu bewundern, sondern auch auf summerjam.de. Da stehen unter anderem gute Nachrichten für alle, die mit dem Zelt anreisen. Durch einen zusätzlichen Eingang zum Festivalgelände sollen die zum Teil erheblichen Fußwege vom Campingplatz zu den Bühnen verkürzt werden. Es ist also angerichtet. Die Summerjam Massive kann kommen.
(erschienen in Schnüss – Das Bonner Stadtmagazin 6/2012)